ein wie grosser von der Arbeit getragen wird. Der alte Kampf der Sozialisten gegen die indirekten Steuern gewinnt eine wesentliche Hilfe durch den Nachweis, dass gerade die ärmste Bevölkerung regelmässig die grössten Lasten zu tragen hat, sodass die scheinbare Progression der direkten Steuern eine Regression ist. Endlich interessiert auch die Steuerüberwälzung, welche die Frage löst, wer eine Steuer wirklich trägt.
An den alten Streit um Erziehungs- oder Schutzzölle sei nur erinnert. Hier fragt es sich, wie die aus den Getreidezöllen erwachsenen Lasten verteilt sind. Nur der Grossgrundbesitzer profitiert tatsächlich von diesen Zöllen, während die Arbeiter und Kleinbauern darunter leiden. Trotzdem ist es dem Grossgrundbesitz regelmässig gelungen, in der Frage der Getreidezölle auch die Kleinbauern auf seine Seite zu bekommen. Dies ist nur ein Spezialfall der bekannten Tatsache, dass die Menschen nicht nach ihren Interessen handeln, sondern nach dem, was sie für ihre Interessen halten, insbesondere nach dem, was von interessierter Seite ihnen als ihr Interesse beigebracht wird.
In den Auseinandersetzungen, mit deren Hilfe die Kapitalisten die Oeffentlichkeit von der Berechtigung ihrer Ansprüche überzeugen wollen, spielte eine Zeitlang die Behauptung vom Rückgang der volkswirtschaftlichen Kräfte gegenüber der Vorkriegszeit eine grosse Rolle. Hieraus, so wird argumentiert, folgt, dass es nur Mittel zur Verbesserung der gesamten Wirtschaftslage gibt von der Art wie Senkung der Löhne, Abbau der etwa vorhandenen Sozialpolitik, Erhöhung der Stuudenzahl der Arbeit. Es wird als selbstverständlich hingestellt, dass nur die Arbeiter die notwendigen Lasten zu tragen hätten, wahrend man von einem freiwilligen Verzicht auf Gewinne noch nie gehört hat. Die Begründung solcher Forderungen gehört in das Gebiet der Wirtschaftsstatistik und zwar wird sie der Konjunkturkunde entnommen. Sie stellt uns eine eminent praktische Aufgabe, nämlich die Krisen nachzuweisen, von denen der Kapitalismus - nach unserer Auffassung mit Notwendigkeit - von Zeit zu Zeit erschüttert wird. Statistisch lautet das Problem, eine Synthese herzustellen, in der die Schwankungen der verschiedenen als symptomatisch erkannten Erscheinungen eingehen. Aber bekanntlich verhalten sich nicht alle diese Erscheinungen in gleicher Weise. Daher gilt es, Paralellismen, Korrelationen und gegensätzliche Entwicklungstendenzen zu werten. Manche Autoren versuchen, die gesamte Konjunkturkunde in eine General-indexziffer zusammenzupressen.
Aber die gesamte Wirtschaftslage ist statistisch ausserordentlich schwer zu erfassen. Vorhanden sind tatsächlich nur Anhaltspunkte, wie etwa die Zahl der Erwerbstätigen, die Grösse der Arbeitslosigkeit, die Menge der auf den Eisenbahnen verfrachteten Güter, die Höhe der Kohlenproduktion, eine oberflächliche Schätzung der Ernte usw. Dabei interessiert der Vergleich mit den jeweiligen Friedenszahlen. Als Friedenszahl aber darf man nicht etwa die willkürliche Zahl von 1913 oder Anfang 1914 nehmen, sondern den Durchschnitt der Zahlen der letzten Jahre. Dabei ist zu beachten, dass die Zahlen vergleichbar sein müssen. Vielfach ist diese Forderung garnicht durchführbar, weil unterdessen sich die Wirtschaftsformen geandert haben und neue Methoden aufgetaucht sind. Die Gütermenge auf den Eisenbahnen z.B. muss heute ergänzt werden durch die Menge, die durch Kraftwagen verfrachtet wird, usw. Wenn die Vergleichbarkeit durchgeführt ist, so ist das grosse Problem, aus den Schwankungen der einzelnen Erscheinungen eine Gesetzmässigkeit abzuleiten.
Dies führt weit über den Raum der bisher betrachteten allgemeinen Statistik hinaus. Denn das Problem der Herausholung dieser Gesetzmässigkeit aus Schwankungen lässt sich nur mit Hilfe der mathematischen Statistik lösen. Sie gibt die Methoden an, mit deren Hilfe man durch Ausgleichungen zufällige Schwankungen beseitigt, sodass man das Gesetz der Erscheinungen erkennt.
Für den Wert der bisherigen Konjunkturkunde ist bezeichnend, daß in dem Land, wo sie die grösste Rolle spielt, in Amerika, das wichtigste Konjunkturmerkmal, die Zahl der Arbeitslosen, unbekannt ist.
V. So sehen wir, dass es neben den natürlichen, d.h. im Wesen jeder Statistik beruhenden und den sozialen, d.h. im Wesen des herrschenden Wirtschaftssystems beruhenden Hemmungen der Statistik auch methodische Hemmungen gibt. Sie sind gekennzeichnet